Stephan Martin Lendi

Ich freue mich riesig, dass wir alle den Weg hierher nach Berlin gefunden haben zu diesem ganz besonderen Tag im Leben von Vanessa und Lukas.

Alle Handy hervornehmen, Selfie mit dem Brautpaar, dieses später dem Brautpaar schicken, und dann alle Handys zur Seite.

Es ist den beiden ganz besonders wichtig, dass ihr alle ein Teil dieses Tages, dieses besonderen Moments und dieser Zeremonie seid. Und es ist beiden wichtig, dass ihr wisst, dass diese Zeremonie nicht von irgendwelchen Menschen gestaltet wird, sondern von persönlichen Freunden des Brautpaares und ihrer Familien. Dazu gehören unser DJ Päde, Sänger Raphi und auch ich.

Die Geschichte um den Heiratsantrag, die habt ihr im Vorfeld alle sicherlich mehrfach gehört. Doch wie es zum Kennenlernen der beiden gekommen ist, zu den ersten romantischen Blicken, diese Geschichte blieb lange vielen verborgen. Und eben deshalb möchte ich euch diese Geschichte erzählen. Allerdings gehören zu dieser Geschichte zwei, nämlich Luki und auch Vani, und so unterschiedlich die beiden sind, so unterschiedlich sind auch die Geschichten des Kennenlernens. Wir drehen die Zeit zurück.

Geschichte des Kennenlernens

Alles begann, als Luki damals noch Werkstudent bei Accenture war. Luki war damals nicht wirklich im Team integriert, er hatte seine Fitness Ambitionen, war für damalige Verhältnis doch einigermaßen erfolgreich auf Instagram unterwegs und würde bald 7 Wochen auf Reisen nach China und Japan gehen.

Den legendären Sommerevent nutzte Luki, um allen zu erzählen, dass er auf Reisen geht und um zu zeigen, wie cool er und seine Pläne sind. Auf dieser Party war auch Vanessa und Luki bestätigt heute, dass er sie zwar gar nicht wahrgenommen hat, sie aber ihn sicherlich gesehen hat und auch so gleich abgeschrieben hatte. Denn Vanessa hatte Prinzipien: Werkstudenten sind ohnehin ein Tabu und Fitness-Dudes sowieso: “Die sind unentspannt! Mit denen chammer nöd eifach emal go ässe gah und e Fläsche Wii trinken.”

Gut kam Luki nach seiner Reise wieder, und war nicht mehr Werkstudent bei Accenture sondern Consultant. Und dieser junge Consultant hörte von einem sagenumwobenen Excel-Tool, welches eine gewisse Vanessa programmiert habe… und so schrieb Luki.

«Hallo Vanessa, ich bin Lukas, ich habe neu angefangen, ich habe gehört, du hat eine krasse Tabelle». Vanessa erhielt zur selben Zeit eine plumpe Anmachmail, in welcher Lukas nach einer Tabelle fragte, welche sie gerade mal in 5 Minuten gebaut hatte… sie antwortete direkt mit den poetischen Worten: «Hier, Gruss».

Luki stalkte Vanessa auf LinkedIn: “Er isch wider und wider uf mim Profil gsi” sagt Vanessa... “Genau 1mal!” weiss Luki noch genau.

Oktoberfest Bauschänzli

Ein Monat später: Oktoberfest auf dem Bauschänzli. Accenture hatte 10 Plätze gebucht, alles war ausgebucht, aber ein junger Mann verfiel Lukis Charme und behauptete, ihn sicherlich irgendwie mitnehmen zu können.

Als Luki dann draußen vor dem Bauschänzli stand und sein Blick in Richtung Milchbar schweifte, kam plötzlich eine junge Dame ums Eck. Gezöpfelte Haare “irgendwie schträng, aber glich na herzig” im Dirndl. Luki dachte sich “Wow, schöni Frau, aber die känn ich doch..”. Es war Vanerssa. Luki blieb allerdings draussen vor dem Bauschänzli stehen, er hatte ja kein Ticket. Sein Charme half beim Türsteher leider nicht weiter… ein Zwanziger nötli Trinkgeld dann allerdings schon, ansonsten wären wir heute nicht hier.

Am Tisch dann die ersten Annäherungsversuche. Thema: komische Angewohnheiten. Vanessas komische Angewohnheit: «Sie hat ihre Handyapps nach Farbe sortiert, blaue, grüne, rote Screens, die Apps werden von oben nach unten dunkler, sie lädt auch apps herunter einfach wegen der Farbe… gemeinsam wurde gelacht. Bei “Atemlos” von Helene Fischer dann zeigte Luki seine Tanzmoves.

Luki snoozte damalsnoch, sonst ist er ja diszipliniert, aber «mit Snooze dachte er, er sei ein Bad Boy» und bot auch allen anderen Snooze an, um bei Vanessa Eindruck zu schinden…

Doch mit dem Snooze noch nicht genug. “Wollen Rosen kaufen?” hieß es von der Türe her und Romantiker Luki kaufte Vanessa eine Rose, die er mit geschickten Fingern bei ihr am Dirndl anbringen wollte. Doch die Rose weigerte sich und viel wiederholt zu Boden, doch Luki blieb hartnäckig und hob die Rose wieder und wieder auf und versuchte erneut diese an Vanessas Dirndl anzubringen. Durchhaltewille hatte der junge Mann ja schon mal.

Im Rosalie’s dann, das Oktoberfest ist ja um 11 vorbei, inszenierte sich Luki Instagram-tauglich und wollte vor Vanessa einen Sambuca anzünden. Wieder und wieder, wir kennen das ja schon von der Rose, scheiterte dies. Als der Sambuca dann doch brannte und die Instagram Community zufrieden war, setzte Luki das Glas an und verbrannte sich auch gleich den Mund. “Warum machsch du so öbbis?” wollte Vanessa wissen. «Ich bin Influencer, hier mein Insta». @sitaar hatte ganze 1400 Follower, «das isch damals uu vill gsi…» mein Luki heute noch.

Weiter ins Gonzo um 2 am Morgen mit den Arbeitskollegen, bis einer nach dem anderen ging. Luki tanzte Vani von hinten und von der Seite an, versuchte einen Kuss zu erhaschen mit den Händen hinter dem Rücken, also «sehr anständig.» Sie erwiderte den Kuss vor dem Chef und den Kollegen. Sogleich aber dann musste die Flucht ergriffen werden. Den Zug nach Winti hatte Luki allerdings erst eine Stunde später… Das war Vanessa zu viel Warten und sie entschied: «Du kommst zu mir…».

….

Am nächsten Morgen dann hatte Vanessa Tatendrang: “Jetzt muesch gah, ich mues bache, zwei Kolleginne chömed.” Er gehorchte und sie hatte Zeit, sich mit ihren Freundinnen Lukis Instafeed, den mit den 1400 Followern genauer anzusehen. Wer weiter runter scrollte, oder dies auch heute nun tut entdeckt Bilder von «Chicken, Rice, Protein Snack Bars, Pancakes mit Schoggi und Himbeersauce, 20 Pancakes aufeinander, Luki im roten, blauen und giftgrünen Tanktops mit dünnen Trägern, welche, wie Luki sagt “knapp d Nippel bedeckt händ…». Vanessas Lieblingspost: Luki hält einen Quest Proteinriegel in die Kamera: “De Luki als Micro-Influencer, e richtigi Riegel-Nutte!” so Vanessa.

Aber Vanessa hatte ja Prinzipien, wie sie ihren Freundinnen erzählte: “Ich mach so öppis normalerwiis nöd. Wänn ich Interesse heti, dänn würd ich mich rar mache. De het sowieso z vill Muskle und isch en Arbeitskolleg.” Und gleichzeitig hatte Vanessa ja noch zwei andere Herren in einer möglichen engeren Auswahl, die gemäss Vanessas damaligen Assessment eher als “Boyfriend Material” qualifizierten.

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Die weitere Kommunikation zwischen Luki und Vanessa fand dann auch über Instagram statt, denn Luki ist wie er selbst sagt «Von Natur aus schlecht im flirten und daten…» bzw. «Unbeholfen im Klarmachen». Tiefenpsychologisch gesprochen, er hatte Angst vor Rejection, vor Zurückweisung seit seinem ersten Korb, welchen er damals im Xtra erhalten hatte.

Auf Insta antwortete er Vanessa nur mit Flämmli, das schien ihm witzig zu sein in Anlehnung an den Sambuca, der ihm den Mund verbrannt hatte… «Ich han e Flamme entfacht», meint Luki heute. Sie antwortete eisig…mit Schneemännern.

Irgendwann sass Luki im Accenture Open Space Büro, halb acht, Vani kommt von einem Interview, «awkward Conversation», denn man stand sich ja ganz analog gegenüber… Vani war schliesslich wieder entschlossen: «Du, ich han no en Premium Lachs vom Nüdi (Nadja) dihei, Globus Delikatessa, 50% Rabatt, wämmer zäme znacht ässe bi mir?»

Luki wollte ja eigentlich zuhause essen, Tuna abgewogen mit Salat, Tomaten und Zucchetti, Lachs ist viel zu fett, auch mit 50% Rabatt… aber für Vanessa da gab’s eine Ausnahme.

Regelmässig kam es dann zu geheimen Treffen zwischen den beiden, kochen bei ihr mit Übernachtung; seine neuen Hemden und frische Wäsche hatte er in der Sporttasche versteckt und die hatte er ja auf Arbeit, wie alle wussten, immer dabei.

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Nach Weihnachten dann erhielt Luki eine Nachricht: «Ich flüg uf Südafrika, wämmer ois na gseh? Chunsch an Flughafen?” Luki hatte sich nicht wirklich rausgeputzt: “ich han usgseh wie en Clochard, alte Jeans, es Gilet mit Lederpatches, ganz schrecklich, sie hät sich sicherlich in Bode geschämt». Vanessa meint rückblicken nur “Er hät wirklich schrecklich usgeseh!”

Auf Insta ging die Kommunikation weiter. An Neujahr dann ein Post von Luki, leicht verkatert beim Spaziergang alleine, ein Foto des Waldweges, düster und grau: HASHTAG MOOD. Bei Vanessa läuteten die Alarmglocken: “Er bereut öbbis, er hät en Fehler gmacht, vielleicht öbber anderscht küsst, oder sogar meh!” Klärung war rasch da, Luki war einfach nur verkatert. Doch Vanessa wusste, dass Luki ihr offensichtlich doch mehr bedeutete, als sie geahnt hatte. Die beiden anderen Herren, welche ja noch im Spiel waren, waren ab sofort doch kein Boyfriend Material mehr und wurden geblockt. Vanessa entschied sich für Luki und brach mit all ihren Dating-Prinzipien: Luki erfüllte keines ihrer Kriterien: keine Mode, keine Kunst, kein Lifestyle… aber irgendetwas war dann doch da.

Dann begann das geheime Daten: Kino, gemeinsam kochen «Ofengemüse, Quinoa, Chicken». Zu Vanessas Freude waren keine Rezepte aus Lukis eigenem Kochbuch mit dabei - ja, der junge Mann ist Kochbuchautor - ein Rezeptbuch für Snickers aus Proteinpulver, Pancakes aus Proteinpulver, Mikrowellenküchlein aus Proteinpulver... eine wahre Gaumenfreude - und ihr liebe Hochzeitsgäste wisst, was euch heute Abend zum Dinner… erwartet.

Als dann beide auf demselben Projekt arbeiteten… derselbe Kunde, dasselbe eam, dann war Abgrenzung gefragt: “Wie mached mer das? Schaffen läbe, liebe? Wie gömmer demit um?”

Es war für beide ein Spiel. Mit regelmässigen “Alignment Meetings” zum Kaffee oder Lunch im Kalender, nur für die beiden, ganz professionell eben.

Mitte Februar dann das Accenture Skiweekend… separate Anreise. Luki öffnete sich gegenüber seinem Chef Ben: «Ich will dir was sagen, ich weiss nicht, ob das ok ist… und was das für Kunden und das Projekt bedeutet….Vanessa und ich daten, ». Die Antwort des Chefs: «Na und, ich habe meine ehemalige Kundin geschwängert, das passt doch.»

Und ab dann war alles offiziell und die Geschichte geht so weiter, wie wir sie alle kennen mit der Familie

Mit dem Kennenlernen von Irene und Paul: Mit Pauls Kommentar “Du bist ja gar nicht so breit gebaut” - Luki war etwas beleidigt. Mit den aufmunternden Worten von Irene zu Vanessa: “Stil chasch em denn scho na biibringe, ich has bim Paul au gschafft!”

Mit Lukis Mutter Ivanka, welche ihrem Sohn in die Augen blickte, und sah, wie er Vanessa ansah. Ivanka wusste in diesem Moment: “Das ist die Frau, die er einmal heiraten wird”

Mit Papa Branko, der als Tausendsassa immer irgendwo unterwegs ist und trotzdem Zeit für die beiden findet.

Und die Geschichte ging weiter mit ganz viel Zweisamkeit:

Zweisamkeit mit morgendlichen Müesliritualen, wenn Vanessa “no echli vertruckt” akribisch nach ihrem eigenen Rezept ihr Müesli zusammenstellt und abschmeckt mit Hanfsamen und Kokosraspeln, wenn sie am Tisch sitzt und kaum warten kann, bis Luki sich dazusetzt und ihr beim Müesli-Essen zuschaut: “Es gitt niemerd wo de Löffel so härzig hebt wie d Vanessa, sie hebt de chlii Finger uf d Siite”, seit de Luki, “Sie sitzt da wie ein kleiner Marschmallow.»

Zweisamkeit mit kultureller Horizonterweiterung für Luki auf “non-invasive Art”, wie er sagt. Vanessa sagt wenn es um Kultr geht anstatt “Ich will”, immer liebevoll “Hämmer welä is Kunschthuus?.”

Zweisamkeit nach dem spontanen Zusammenzug, denn es machte aus Vanessas pragmatischer Perspektive ja keinen Sinn einen neuen Mixer und Kochtöpfe zu kaufen, wenn sie eh einmal zusammenziehen würden

Zweisamkeit für Vanessa, die seit 30 Jahren das erste mal den Kosenamen Vani zulässt.

Zweisamkeit für eine junge Frau, die immer taff war, nie zu weiblich, nie zu emotional, nie zu viel kuscheln wollte… und die nun dank Luki all dies zu schätzen weiss.

Zweisamkeit für einen jungen Mann, der dank Vani gelernt hat zu geniessen, nicht immer funktionieren und alles unter Kontrolle haben zu müssen und meist auf Proteinpancakes verzichtet.

Zweisamkeit für zwei Menschen, die wir alle, als Freunde und als Familie auf ihrem weiteren Weg begleiten dürfen.